Kooperation und Vernetzung sind überlebenswichtig - Digital braucht sozial 8


Hallo Reader,

willkommen zur achten Ausgabe von Digital braucht sozial.

Eine ganze Weile habe ich mit dem Gedanken gespielt, diese Ausgabe des meines Newsletters - nach der langen Pause passend zur Jahreszeit - mit klassischen Advents-, Weihnachts- und Jahresabschlussthemen zu gestalten.

Doch dann kam das Leben dazwischen. Genauer gesagt waren es einige Workshops und Veranstaltungen, bei denen ich mit engagierten Menschen aus ganz verschiedenen Feldern des Sozialbereiches und der Zivilgesellschaft arbeiten durfte. Die Unterschiede in Arbeitsfeld, Aufgabe, Themen, Ressourcen-Ausstattung und vielen anderen Bereichen waren groß.

Dennoch einte eine Erfahrung alle: Das langsam einsetzende Gefühl der Resignation und Hilflosigkeit angesichts wachsenden Drucks von rechts, häufigeren Anfeindungen im Netz, mehr KI-Fake-News und sinkender Reichweite.

Dazu kam die - mindestens gefühlter - fehlende Wirkung der eigenen Kommunikation.

Halt, stopp, bitte mach diesen Newsletter noch nicht zu!

Ich verspreche, es wird positiver.

Denn so erdrückend, negativ und dunkel das bisher klingt, so viel Licht, Optimismus und Hoffnung durfte ich auch erleben. Und auch diese Haltung hatte einen gemeinsamen Kern.

💡 Fokusthema: Kooperation und Vernetzung sind überlebenswichtig

Denn überall dort, wo sich Organisationen, Kommunikatorinnen und Kommunikatoren, Engagierte und Institutionen sich zusammen getan haben, wo sie kooperieren und sich gegenseitig stärken, war die Wirkung spürbar:

Sie konnten sie nicht nur ihre positive Haltung bewahren, sondern auch die Wirkung ihrer Kommunikation steigern und sich gegen negative Themen und Inhalte durchsetzen.

Das hohe Lied der Vernetzung singen wir im Kommunikationsbereich nicht erst seit gestern, klar, doch ich behaupte, heute sind Vernetzung und Kooperation kein Nice-to-have mehr und wir sollten sie auch nicht primär unter Reichweitengesichtspunkten betrachten.

Kooperation und Vernetzung sind, so pathetisch das klingen mag, überlebenswichtig für Organisationen von Wohlfahrt und Zivilgesellschaft!

Wir stehen einer Flut an KI-Inhalten - Stichwort AI-Slop - gegenüber. Wir haben teilweise kommunikative Gegenspieler aus extremen Lagern, in den meisten Fällen rechtsextremen, die über deutlich mehr Ressourcen verfügen als wir.

Unsere einzige Chance ist, dass wir viele sind und uns der Einsatz für eine bessere Gesellschaft - in all ihren Facetten - eint.

Das machen wir gemeinsam - aber wie?

Okay, schöne Theorie, aber hier soll es ja um die Praxis und konkrete Tipps und Erfahrungen gehen. Patentrezept habe ich, sorry, keines für Dich, dafür sieben Praxistipps, die Du direkt umsetzen kannst:

  1. Evaluiere dein Netzwerk und prüfe, wer wirklich als Partnerin oder Partner bereit steht. Das ist auch - oder gerade dann - wichtig, wenn Du Dein Netzwerk zu kennen glaubst. Denn in Zeiten wachsenden Drucks durch manche Parteien, ich meine hier explizit nicht nur extreme, ducken sich so einige Organisationen leider weg, statt sich gegenseitig zu unterstützen.
  2. Definiere für Dich, wie wirkungsvolle Unterstützung, Kooperation und Vernetzung aussieht. Wie viel aktiven Austausch wünscht Du Dir? Reicht dir moralischer Rückhalt oder erwartest du auch öffentliche Unterstützung in Krisenzeiten oder bei der Kommunikation kritischer Themen? Und wenn Du das für Dich klar hast, kommunizierst Du das dann auch Deinen Partnerinnen und Partnern?
  3. Gib Deinen eigene Leuten die Sicherheit, dass Du und Deine Organisation hinter ihnen stehen. Wenn Mitarbeitende - egal ob haupt- oder ehrenamtlich aktiv - sich für Deine Themen einsetzen und Inhalte Deiner Organisation teilen, können auch sie unangenehme Kommentare bekommen oder gar angegriffen werden. Selbst wenn es bei Kommentaren bleibt, kann das auf Menschen, die sich eigentlich nur für eine Sache einsetzen wollen, sehr verstörend wirken. Auch hier gilt: Das machen wir gemeinsam. In diesem Fall bedeutet das, dass die Organisation ihre Leute berät, unterstützt und bei Bedarf auch temporär oder dauerhaft aus der Öffentlichkeit nimmt.
  4. Suche ganz bewusst und regelmäßig die Vernetzung im Alltag. Das kann eine Markierung auf Instagram oder ein Collab-Beitrag sein. Es kann der Kommentar unter dem Beitrag der Netzwerkpartnerinnen oder Netzwerkpartner sein. Vielleicht ist es auch einfach nur das Teilen eines Beitrags, die Antwort auf eine Story oder eine Direktnachricht. Es sind oft kleine Gesten und Handlungen, doch sie sind für die Betzwerk- und Beziehungspflege enorm wichtig. Und ja, ich selbst habe da - leider - auch deutlich Nachhol- und Ausbaubedarf und werde da künftig mehr tun.
  5. Es gibt den, für mich dämlichen, Spruch “Team bedeutet = Toll Ein Anderer macht’s”. Ich bevorzuge seit jeher eine andere Interpretation “Team bedeutet = Toll Eine Aufgabe Miteinander”. In der Kommunikation bedeutet das für uns: Lasst uns bei den nächsten Kampagnen schauen, wen wir einbeziehen können. Entweder aus dem direkten Umfeld unserer Organisation oder aus dem erweiterten Netzwerk. Lasst uns Kommunikationsmaßnahmen so designen, dass Kollaboration und Zusammenarbeit Teil der Formate und Themen sind und nicht nachträglich dazukommen.
  6. Inhalte können allerdings auch eine wunderbare Gelegenheit sein, das eigene Netzwerk und die Zahl der Kooperationspartnerinnen und -partner auszubauen. Gerade Podcasts, Interview-Formate oder kuratierte Listen - beispielsweise regelmäßige Leseempfehlungen - eigenen sich hervorragend für die Kontaktaufnahme. Bei kuratierten Inhalten kannst du zudem die Urheberinnen und Urheber markieren, schon aus Gründen des Respekts eine gute Idee, und wirst dadurch vermutlich auch deine Reichweite steigern. Ja, das ist auch eine Reichweitentaktik, aber das sollte aus meiner Sicht der Nebeneffekt sein. Erfahrungsgemäß funktionieren solche Ansätze vor allem dann gut, wenn die eigentliche Intention auf dem Sichtbarmachen wirklich guter Inhalte liegt. Reichweite kommt dann schon.
  7. Für den letzten Punkt lade ich dich ein, innerlich einen halben Schritt zurückzutreten und gemeinsam mit mir anzuerkennen, dass wir als Kommunikatorinnen und Kommunikatoren Menschen sind. Menschen, die Stress erleben, mal frustriert sind und hin und wieder daran zweifeln, ob ihre Arbeit eigentlich sinnvoll ist und irgendeine positive Wirkung hat. Wenn du dich auch nur bei einem der Punkte wiedererkannt hast, ich gehe mal davon aus, das Menschsein trifft auf dich zu, solltest du Kooperation und Netzwerkarbeit auch als Ressource für deine eigene psychische Gesundheit nutzen. Manchmal braucht es einfach den externen Blick, tut es gut, von anderen Kolleginnen und Kollegen zu hören, dass man mit dem Problem und den Zweifeln nicht alleine ist.

Wenn Du bis hierhin gelesen hast: Danke für Deine Zeit! Ich weiß, dass diese Ausgabe lang und vielleicht vor der Adventszeit nicht ganz leichte Kost ist.

Dennoch hoffe ich, dass Du etwas für Dich und Deine Arbeit mitnehmen kannst. Wie immer interessieren mich Dein Gedanken und Erfahrungen zum Thema.

Ich freue mich auf deine Mail. Dieses Jahr gibt es noch eine Newsletter Ausgabe, circa Mitte Dezember.

Bis dahin machen wir weiter - gemeinsam. 😉

Viele Grüße,

Christian


💭 Reflexionsimpuls

"Jeder Einzelne ist ein Tropfen, gemeinsam sind wir ein Meer"

Ryunosuke Satoro, japanischer Autor


🔗 Linkempfehlungen

  • Stephanie teilt in ihrem Advents-Podcast spannenden Gespräche zur Content Strategie mit dir. Auf Linkedin erklärt sie das Konzept und über den folgenden Link kannst du dich kostenlos anmelden.
  • Sebastian Esser, Gründer von steady, beschreibt in seinem hervorragenden Gastbeitrag beim Social Media Watchblog wunderbar, warum von Menschen erstellte Inhalte und menschliche Beziehungen in KI-zeiten wertvoller sind denn je. Den kostenlos zugänglichen Artikel findest du über den folgenden Link "Folgst du Mensch oder Maschine?" und das Social Media Watchblog ist auch als Bezahlangebot eine klare Empfehlung.
  • Damit es doch ein wenig adventlich wird - und praktisch bleibt - empfehle ich abschließen die aktuelle Edumail von Nele Hirsch. Sie teile Praxisimpulse zum ausprobieren und hat auch Adventskalendervorlagen dabei. Du findest den lesenswerten Text - ihr Blog lohnt sich grundsätzlich - über den folgenden Link "Edumail 93: Hands-On, Praxisimpulse zum Weiternutzen"

Digital braucht sozial

Herzlich willkommen! Mein Name ist Christian und in meinem Newsletter "Digital braucht sozial" teile ich meine Einschätzung aktueller Entwicklungen rund um digitale Kommunikation, generative KI und digitales Arbeiten mit dir. Immer mit dem Fokus auf soziale, zivilgesellschaftliche und gemeinnützige Organisationen.

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