Digital braucht sozial - Ausgabe 5: KI als Chance für Menschen und analoges Arbeiten


Hallo Reader,

willkommen zur fünften Ausgabe von Digital braucht sozial.

Heute geht es um eine Chance, die KI für Organisationen und Menschen bietet. Das gilt zumindest für die, die sich auf Menschlichkeit und menschenfreundliche Kommunikation besinnen und den Mut haben, konsequent dazuzustehen und Grenzen zu setzen.

Ich teile, warum analoges Arbeiten für mich unverzichtbar ist, um KI wirklich sinnvoll und wirksam zu nutzen.

Und es gibt einige Impulse dazu, warum es spätestens jetzt an der Zeit ist, die Abhängigkeit von US-Anbietern so weit es geht zu reduzieren. Das Schlagwort der Stunde heißt digitale Souveränität.

Viel Vergnügen beim Lesen und ich freue mich auf eure Gedanken per Mail.

Menschliche Grüße,
Christian


💡 Fokusthema: KI macht Menschen und Analoges relevanter denn je

KI-generierte Inhalte fluten Social-Media-Plattformen. Video-Modelle wie Googles VEO 3 generieren Videos, die täuschend echt wirken – inklusive überzeugender Sprache und Sound-Kulisse. ChatGPT und Co. generieren Content schneller, als viele Redakteur:innen sich in das jeweilige Thema einarbeiten können.

Kurz gesagt: Wir sind alle verloren, KI schnappt sich unsere Jobs und zerstört unsere Kommunikationsräume.

Halt! Stopp!

Diesen Schluss und diese Resignation lese ich in letzter Zeit auch im Bereich der Kommunikation und Sozialen Arbeit viel zu oft. Ich widerspreche entschieden. Denn bei all ihren Risiken bietet KI uns zwei große Chancen:

  1. Den wachsenden Wert von Inhalten und Kommunikation, die von Menschen für Menschen gemacht werden.
  2. Eine Aufwertung des analogen Arbeitens.

Ja, Live-Avatare, KI-Videos und Chatbots können Menschen bereits erstaunlich gut simulieren. Und vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Simulation so gut ist, dass wir sie nicht mehr von Menschen unterscheiden können.

Doch ein Aspekt wird uns, ich denke, auf lange Zeit, erhalten bleiben: Die Frage nach dem Vertrauen.

Sicher, wenn KI-Inhalte als solche gekennzeichnet sind, wird es eine – meiner Meinung nach wachsende – Zahl an Menschen geben, denen KI-Content und sogar Beratung durch einen KI-Avatar oder -Chatbot entweder gleichgültig ist oder die diese bevorzugen.

Doch viele Akteure kennzeichnen ihre KI-Inhalte nicht, weder auf Social Media noch im Kunden-Support. Und man kann nie ganz sicher sein, ob es wirklich KI ist oder nur Etikettenschwindel, bei dem Menschen auf die hochgeladenen Inhalte zugreifen.

„Künstliche Intelligenz eines Start-ups waren in Wahrheit 700 Inder - futurezone.at

Diese Aspekte - in Kombination mit immer mehr KI-generiertem Content - führen aus meiner Sicht zu einer klaren Chance:

Wer den Mut hat, wichtige Aufgaben bewusst Menschen zu überlassen und KI klare Grenzen zu setzen und das klar und transparent kommuniziert, kann sich dadurch von der Flut des KI-Einheitsbreis abheben.

Das gilt allerdings nur dann, wenn die Menschen auch bessere Qualität, mehr Empathie und schlicht mehr Menschlichkeit zeigen als die KI.

Wie kann das praktisch aussehen? Meine Handlungsempfehlungen

  • In der Sozialen Arbeit machen wir transparent, wo wir KI nutzen und wo Menschen arbeiten und erreichbar sind.
  • In der Kommunikation schaffen wir Transparenz, wann und wo Menschen mit KI arbeiten und wann nicht.
  • Wir zeigen, für welche Arbeitsschritte der Inhaltserstellung wir KI nutzen und was von Menschen stammt.
  • Wir kommunizieren klare Regeln, die die Grundlage für unsere Werte, Prinzipien und Entscheidungen sind.
  • Wir geben den Menschen Zeit und Ressourcen, um ihre Arbeit menschlich und menschenfreundlich zu tun.
  • Wir machen #MadeByHuman oder #VonMenschenFürMenschen als Qualitätssiegel sichtbar und heben uns damit ab.

Das alles setzt zwei Dinge voraus: Erstens eine klare Wertebasis und das Rückgrat, diese umzusetzen. Zweitens den Mut, sich gegen den aktuellen KI-Mainstream zu stellen und die eigene Linie zu vertreten.

Beides sollte in der Sozialen Arbeit und in der menschenfreundlichen Kommunikation kein Problem sein. Schließlich arbeiten wir für die Menschen.

Analoges als wertvolle Balance in Zeiten von KI

Es ist schon einige Monate her, dass ich in meinem Blog die folgenden Zeilen geschrieben habe:

„Ich bin für meine Notizen von meinem Supernote E-ink-Tablet und meinen Notizen auf dem iPad ganz bewusst zurück zu Stift und Papier gegangen.“

Als Grund nannte ich damals, dass ich die Beschäftigung und Reibung mit meinen Notizen brauche, um wirklich Nutzen aus ihnen zu ziehen.

Das ist noch immer so. Doch dieser erste Schritt ins Analoge hat mir etwas anderes, eine Entwicklung bei mir, ausgelöst. Heute, fast ein halbes Jahr nach diesen ersten Gedanken oben, bin ich sicher:

Das Analoge ist eine wichtige Balance zur KI und den durch sie verstärkten Informationsströmen.

Das wird vielleicht nicht für alle Menschen gelten, doch ich bin sicher, dass analoges Schreiben und die bewusste Nutzung analoger Technologien für viele Menschen wichtig sein wird, um in der immer weiter wachsenden Flut an Informationen und der durch KI weiter zunehmenden Geschwindigkeit denken und fokussieren zu können.

Analoges, primär Stift und Papier, ist für mich inzwischen ein unglaublich wichtiges und mächtiges Werkzeug, ohne das ich KI nicht sinnvoll oder wirklich nützlich einsetzen könnte.

Zu diesem Thema werde ich in der kommenden Zeit sicher noch mehr schreiben.

Daher meine Bitte an euch: Schreibt mir gerne, was ihr von den Ansätzen dieses Newsletters haltet und wie ihr bewusst analog arbeitet. Ich freue mich auf den Austausch.

P.S.: Auch dieser Newsletter entstand in seiner ersten Version mit Füller und Papier


✅ Aktuelles Thema: Ein Plädoyer für digitale Souveränität

OpenAI muss nach einer gerichtlichen Anordnung alle Daten auf unbestimmte Zeit speichern, Microsoft kappt chinesischen Universitäten ohne Ankündigung den Zugriff auf ihre Dienste und friert das Konto des Chefanklägers des internationalen Strafgerichtshofes ein. Und die von Microsoft beschworene Datengrenze ist löchriger als jeder Käse.

All diese Fakten in Kombination mit der aktuellen Entwicklung in den USA zeigen für mich eines sehr deutlich: Wir - damit meine ich im Kontext meiner Arbeit vor allem Einrichtungen der Wohlfahrt, NGO und Träger der Sozialen Arbeit - müssen uns um mehr Unabhängigkeit von US-Anbietern bemühen.

Retro Vogt von der Schweizer Wochenzeitung formuliert das in seinem Artikel anlässlich eines Besuchs des Microsoft Präsidenten in Bern so:

„IDenn egal, wie viel Microsoft investiert: Es bleibt ein US-amerikanischer Konzern, der europäischen Kund:in­nen jederzeit den Stecker ziehen kann.“

Das Schlagwort der Stunde heißt digitale Souveränität.

Mir ist bewusst, dass das einfacher gesagt als getan ist. Doch nur weil die Umstellung auf europäische Anbieter Zeit braucht und in vielen Bereichen komplex ist, sollte uns das nicht davon abhalten, aktiv zu werden.

Im Gegenteil sollte es uns zu drei Schritten motivieren:

  1. Einen möglichst zeitnahen Start für die Suche nach europäischen Alternativen. Schließlich braucht die Umstellung Arbeit und Zeit.
  2. Eine ehrliche Evaluation unserer Tools, Systeme und Prozesse mit der Frage: Was brauchen wir wirklich?
  3. Bei neuen Technologien, aktuell ganz konkret generativer KI, von Anfang an auf europäische Alternativen zu setzen. Ich habe meine Online-KI-Nutzung beispielsweise [größtenteils auf Mistral umgestellt](https://mistral.ai.

Neben Mistral als primäre Online-KI ziehe ich aktuell auch meine wichtigen Daten auf die Nextcloud um - danke an Marc von Zendit für den hervorragenden Service - und als Suchmaschine nutze ich ohnehin primär [GOOD Search](https://good-search.org, mit denen ich auch gepodcastet habe.

Aktuell prüfe ich außerdem einige europäische E-Mail-Anbieter. Bei letztgenannten freue ich mich über eure Empfehlungen, idealerweise auf Basis eigener Erfahrungen.

👍 Handlungsempfehlung: Beginnt euren Weg aus der US-Abhängigkeit

Wenn ihr euch Schritt für Schritt auf den Weg machen wollt, empfehle ich euch die folgenden Artikel als Inspiration und Rechercheeinstieg:

Und wenn euch meine vollständige Tool-Übersicht, inzwischen fast komplett auf EU-Basis, interessiert, lasst es mich gerne wissen. Dann liefere ich die nach.


💭 Reflexionsimpuls

„In der Sozialen Arbeit beginnen wir gerade damit, Systeme für generative KI zu etablieren. Wir sollten aus unseren Erfahrungen der Digitalisierung lernen und bei KI von Anfang an Abhängigkeiten von US-Anbietern vermeiden."


🔗 Link-Empfehlungen

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📧 Schickt mir gerne eure Themenwünschen, Fragen, Antworten und eigene Perspektiven als Antwort auf diese E-Mail. Ich freue mich auf den Austausch.

Digital braucht sozial

Herzlich willkommen! Mein Name ist Christian und in meinem Newsletter "Digital braucht sozial" teile ich meine Einschätzung aktueller Entwicklungen rund um digitale Kommunikation, generative KI und digitales Arbeiten mit dir. Immer mit dem Fokus auf soziale, zivilgesellschaftliche und gemeinnützige Organisationen.

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Das Bild zeigt einen weißen Umschlag mit einer gelben Glocke daran. Beides steht vor einem blauen Hintergrund. Über dem dem Umschlag steht „Digital braucht sozial“.

Hallo, Reader. Willkommen zur ersten Ausgabe von Digital braucht sozial. Schön, dass du dabei bist. 😊 Die aktuellen Entwicklungen im digitalen Bereich haben mehr als genug Themen für den Newsletter geliefert, ich bin daher gespannt, was du von meiner Auswahl hältst. Wenn dir ein Thema fehlt, antworte mir gerne auf diese E-Mail und ich schaue es mir genauer. Generell sind Feedback, Verbesserungshinweise, Themenwünsche und auch einfach nur Austausch herzlich willkommen. Viel Spaß beim Lesen,...